Nachtgibät vome Oberburgimeister - Manfred Marquardt (Nachtgebät vume Burgermeischder)


Veröffentlicht am 01.01.2024 in der Kategorie Kultur von Axel Mayer

Nachtgibät vome Oberburgimeister


Manfred Marquardt

Herr, schaff is Parkplätz, schaff is Stroße!
Chaufhüser schick is, Banke!
Ne Stadtverchehr, ne lutte, große,
mer wänn`s der danke!
Loß d`Gwerbstürquelle nie vertrochne.
D’Alage asphaltir is,
loß d`Zueschüß regne, die versprochne,
zuer Grostadt fiehr is!
Herr, nimm is d`Bäum un schenk is Ample!
Loß Schilder wachse n uf de Plätze!
Bhiet is vor dene, wo blöd ummehample,
vo Läbe, Menschsii schwätze!
Für sälli Sorte loß is Ghetto mache,
schön pflastret, Maiehäfe, Brunne.
Dört loß sie ihri Träumli bache,
un mir hän`s gwunne!
Herr, loß is Ämter, Ämter baue,
Rothüser hoch un höcher!
Darfsch`s gnädig obenabe bschaue:
Mer sin der nöcher!






Nachtgebät vume Burgermeischder


und vun de Mehrzahl von de Gmeindsrät
(nid nur z Ändinge)


Herr, schaff uns Parkplätz, schaff uns Schtroße!
Kaufhieser schick uns, Banke!
Ne Stadtverkehr, ne lütte, große,
mir wänn`s dir danke!

Loß d`Gwerbstierquelle nie vertrogne.
D’Alage asphaltir uns,
loß d`Zueschüß regne, die versprochne,
zur Großstadt führ uns!

Herr, nimm uns d`Bäum un schenk uns Ample!
Loß Schilder wachse n uf de Plätz!
Schütz uns vor dene, wo bleed ummehample,
vu Läbe, Menschsii schwätze!

Für sälli Sorte loß uns Ghetto mache,
schön pflaschtret, Biotöpli, Brunne.
Dert loß sie ihri Träumli backe,
un mir hän`s gwunne!

Herr, loß uns Ämter, Ämter baue,
Rothieser hoch un hecher!
Därfsch`s gnädig vun dert obe schaue:
Mir sin dir necher!


von Axel Mayer ziemlich frei nach Manfred Marquardt (1927-1982) aus dem Hochrheinalemannisch übertragen





Das übertragene "Nachtgibät vome Oberburgimeister" frei nach Manfred Marquardt, in einer Kleinanzeige des BUND Nördlicher Kaiserstuhl, in der Badischen Zeitung.
Es nimmt Bezug auf den Flächenverbrauch und die Zersiedelung am Kaiserstuhl und in Endingen. Alemannisch ist durchaus auch politisch.









Alemannisch, Badisch, Elsässisch, Schweizerdeutsch, Dialekt & "Hoch"deutsch:
Kritische Texte und Gedichte aus Südbaden, Elsass, Nordschweiz und dem Rest der Welt


In diesen Zeiten von Barbarei, Gier, Krieg und Gewalt stärkt Dummheit Dummheit und Intoleranz verstärkt Intoleranz. In diesen Jahren der Umwelt- und Innenweltverschmutzung stehen nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch Sprachen und Dialekte auf der Liste der bedrohten Arten. Der Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der an einem altsprachlichen Eliteinternat Latein lernte und gerade seine undemokratischen Weltmachtträume realisiert, hält Sprache für eine veraltete Software, die schon bald obsolet sein wird. Mehr als die Hälfte aller weltweit gesprochenen Sprachen drohen in naher Zukunft zu verschwinden – und damit ein wertvoller Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Allein 600 dieser insgesamt rund 3.660 gefährdeten Sprachen könnten sogar schon in wenigen Jahren vollständig ausgestorben sein.
Darum finden Sie auf mitwelt.org kritische und engagierte Texte, alemannisch, schwyzerdütsch, elsässisch und hochdeutsch. Doch wir wissen, dass bedrohte Tierarten nicht in der Genbank und bedrohte Sprachen nicht im Museum und im Internet überleben.
Menschen, die neue Straßen, Überschallflugzeuge, unbegrenztes Wachstum, Atomenergie, Agrargifte, Freihandel und Weltraumtourismus für Fortschritt und die Hitparade der Volksmusik für Kultur halten, die Gedichte über das "Blümelein", das "Bächelein" und das "Brünnelein" suchen, wird diese Seite nicht gefallen.

Dialekt ist bunte, kluge, kulturelle Vielfalt und nicht monokulturelle Einfalt. Dialekt ist immer auch „regionale Identität“ und steht gegen die „Kolonisierung der Lebensweltin der Megamaschine“ und gegen die zunehmende Kommerzialisierung aller Lebensbereiche.

Wir danken den vielen Autorinnen & Autoren, die uns schon erlaubt haben, Texte hier einzustellen. Auf Wunsch löschen wir Texte aber auch sofort.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein




Kein Gedicht:Elsass / Baden & die verloren gehende Vielfalt am Oberrhein






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